Die Debatte ist alt, aber immer noch aktuell: Sind unsere genetischen Anlagen („nature“) oder Umwelteinflüsse („nurture“) entscheidend für die Entwicklung des Menschen? Heute gehen die meisten Wissenschaftler*innen davon aus, dass es keinen eindeutigen Sieger geben kann. Die Existenz des Menschen scheint gekennzeichnet von einem äußerst komplexen Zusammenspiel von Genen und Umwelt.

Gene tragen die Erbinformationen und damit die Bauanleitung für den menschlichen Körper. Sie bestimmen viele unserer physischen und psychischen Merkmale sowie die zentralen biologischen Prozesse. Sie legen auch die Grundlage für bestimmte Verhaltensweisen und Talente. Doch Gene allein sind nicht ausschlaggebend. Umweltfaktoren spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie diese genetischen Anlagen „ausgelesen“ werden und sich entfalten.

Umweltfaktoren umfassen eine breite Palette von Einflüssen wie Ernährung, Bildung, soziale Interaktionen und physische Umgebung. Ein genetisch veranlagtes mathematisches, musikalisches oder sportliches Talent kann durch den Zugang z. B. zu Unterricht gefördert oder durch fehlende Möglichkeiten massiv gehemmt werden. Ebenso können Stress und Traumata genetische Prädispositionen für psychische Erkrankungen verstärken oder auslösen.

Ein bedeutender Bereich der Gen-Umwelt-Interaktion ist die Epigenetik, die untersucht, wie Umweltfaktoren die Aktivität unserer Gene beeinflussen können, ohne die DNA-Sequenz zu verändern. Diese Veränderungen können unmittelbare oder auch langfristige Auswirkungen auf Gesundheit und Verhalten eines Individuums haben.

Zahlreiche wissenschaftliche Disziplinen haben es sich zur Aufgabe gemacht, ein besseres Verständnis für das Zusammenspiel von Genen und Umwelt zu entwickeln. Gemeinsam mit Wissenschaftler*innen u. a. aus Biologie, Medizin, Psychologie, Erziehungswissenschaft und Intelligenzforschung wollen wir uns diesem Forschungsfeld nähern.