Der Erdsystemwissenschaftler, Biologe und Geologe Volker Mosbrugger lehrte als Professor für Paläontologie und Historische Geologie an den Universitäten Tübingen und Frankfurt. Er leitete von 2005 bis 2020 die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, eine der weltweit bedeutendsten Einrichtungen für Natur- und Biodiversitätsforschung mit 8 Instituten, 3 Museen und 850 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Seit 2021 ist Volker Mosbrugger im „aktiven Ruhestand“. Er koordiniert unter anderem die große „Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt“ des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt, ist Präsident der traditionsreichen Polytechnischen Gesellschaft, die sich für eine zukunftsfähige Entwicklung der Metropolregion FrankfurtRheinMain einsetzt, und engagiert sich in der Wissenschaftskommunikation, etwa in der Leitung des Königsteiner Forums.

Volker Mosbrugger studierte an den Universitäten Freiburg und Montpellier (Frankreich) Biologie, Meeresbiologie, Chemie und Geowissenschaften. Er wurde 1983 an der Universität Freiburg mit einem paläontologisch-evolutionsbiologischen Thema promoviert und habilitierte sich 1989 an der Universität Bonn für Paläontologie. Von 1990 bis 2005 war er Inhaber des Lehrstuhls für Paläontologie an der Universität Tübingen und wechselte 2005 an die Universität Frankfurt in Verbindung mit der Leitung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung als deren Generaldirektor. 

In seinen Forschungsinteressen versteht sich Volker Mosbrugger durchaus als „Naturforscher“ in der Tradition von Alexander von Humboldt. Seine Forschungsarbeiten befassen sich mit der Entwicklungsgeschichte von Organismen, von Ökosystemen, des Klimasystems und des Mensch-Naturverhältnisses. Bei diesen geo-historischen Analysen geht es ihm immer um ein systemisches Verständnis und um die Frage, wie ein nachhaltiges System Mensch-Natur gestaltet werden kann, so dass sich Humankapital, produziertes Kapital und Naturkapital zukunftsfähig entwickeln (siehe Abbildung). Die weltweiten Forschungsarbeiten haben ihre regionalen Schwerpunkte in Europa, in Lateinamerika und China, hier insbesondere in den Regionen Xinjiang und Tibet. Mit diesem inhaltlichen Fokus war Volker Mosbrugger auch Mitbegründer des Senckenberg Biodiversitäts- und Klimaforschungszentrums in Frankfurt sowie des Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment in Tübingen und des internationalen Third Pole Environment Program.

Volker Mosbrugger ist Mitglied der Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur sowie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Seine Aktivitäten wurden mehrfach ausgezeichnet.

2022
Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt

2021
Verdienstorden des Landes Hessen

2019
Honorary Professorship der Shenyang Normal University, China

2017
Hessischer Kulturpreis

2013
Cretzschmar‐Medaille der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

2005
Ehrendoktor der Universität Lyon, Frankreich

2001
Honorary Professorship der Jilin University, China

1999
Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)

In unserer Vorlesungsreihe werden wir eine Annäherung an eine evolutionäre, d.h. wesentlich durch Selbstorganisation geprägte Total History der Erde, des Lebens und der Menschheit versuchen. Das Konzept der Total History – eine Idee, die über 75 Jahre alt ist – beruht auf dem systemischen Gedanken: Alles hängt mit allem zusammen! Heute, in einer Zeit der großen Weltunordnung, vernachlässigen wir diese Erkenntnis der Universalgelehrten des 18. und 19. Jahrhunderts wie Johann Wolfgang von Goethe oder Alexander von Humboldt sträflich: Denken wir nicht allzu oft in Disziplinen, Sektoren und Partikularinteressen? Und vergessen wir nicht allzu leicht, dass wir es bei der großen Dynamik der Natur und der Menschheit nicht einfach mit ahistorischen physikalischen Prozessen, sondern auch mit geschichtlich gewachsenen Rahmenbedingungen und „Altlasten“ zu tun haben?

Vor diesem Hintergrund werden wir die globale „Omnikrise“ mit ihren vielfältigen Herausforderungen wie Klimawandel, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit analysieren. Wir werden dabei viele „Common-Sense-Irrtümer“ aufdecken – es gibt zum Beispiel kein „Gleichgewicht der Natur“, aber dafür durchaus permanentes „grünes Wachstum“. Und wir werden ein langfristig optimistisches Szenario entwickeln, ganz im Sinne des Diktums von Max Frisch: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“

Informationen zu den einzelnen Terminen folgen.

Am 01.03.2000 errichtete die Vereinigung der „Freunde der Universität Mainz e.V.“ aus Anlass des 600. Geburtstages von Johannes Gutenberg die gemeinnützige Stiftung „Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur“. Die Stiftung hat – in der Tradition der „Freunde“ stehend – zum Ziel, eine lebendige Verbindung zwischen Universität und Bevölkerung, zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu pflegen. Sie lädt herausragende Wissenschaftler und Repräsentanten des öffentlichen oder kulturellen Lebens an die Universität Mainz ein. Entscheidend für die Berufung sind das Renommee der Personen und die interdisziplinäre Ausstrahlung ihrer Arbeit.

Mit der Gastprofessur, die beim Studium generale der Universität angesiedelt ist, beabsichtigt die Stiftung:

. in Lehre und Forschung neue Akzente zu setzen,
. Impulse zur Integration der Einzelwissenschaften zu vermitteln,
. neue Kontakt- und Kooperationschancen zu bieten,
. der Öffentlichkeit das Bild einer lebendigen Wissenschaft zu vermitteln,
. die Attraktivität der Johannes Gutenberg-Universität zu steigern.

Die Stiftung versteht sich als Investition in Bildung und Wissenschaft und damit als Investition in die Zukunft.